Dienstag, 8. September 2009

Rotkäppchen


Das fand ich gut.

Die kleine Kerstin besucht den dicken Lars (auf S. 3). Wenn man einen Verrückten interviewt, sagt sich Kerstin, sollte man ruhig selbst ein bisschen verrückt spielen. Und das ist ihr wirklich perfekt gelungen. Selten so gelacht.


Der Regisseur lässt sich in ein großes weißes Sofa fallen, an jeder Seite ein dekoratives grünes Kissen. Hölleninterieur sieht anders aus, aber „grün“ ist das richtige Stichwort. Bevor er den Film drehte, sagt von Trier, habe er im Fernsehen eine Dokumentation über den „europäischen Urwald“ gesehen. „Das war nicht der Wald der Romantiker, das war kein Ort der Sicherheit, des Geborgenseins. Ein Wald ist in Wirklichkeit Mord und Totschlag. Der Wald ist das Maximum von Schmerz. Der Wald ist Horror!“, schließt von Trier mit weicher Stimme.
Was, der Urwald ist gar kein Ort der Geborgenheit? Muss man erst mal drauf kommen.
Man könnte nun einwenden: „Aber das wusste doch schon Rotkäppchen!“
Eben. Schon Rotkäppchen wusste, dass es im Urwald vor Großmütter und Wölfen nur so wimmelt. Aber Lars kennt wahrscheinlich nur die Naturreportagen von Hans Christian Anderson.
Fragen wir besser mit Hegel: Vielleicht ist die Natur gar nicht gut oder böse? Ist sie nicht eher eine blind zeugende, blind zerstörende Macht? Ist der Urwald ein Urweib, der Schoß der Natur?
Ist ja naheliegend, dass Hegel sich bei einem Regisseur danach erkundigt hätte, ob der Urwald nicht vielleicht doch ein blind zeugender Schoß der Natur ist. Um dann knallhart nachzufragen, ob es auch Schöße mit Augen gibt.
Lars von Trier und seine Assistentin sehen sich fragend an.

Verständlich. Und wir wissen auch, welche Fragen sie sich stellen. (Hat die junge Dame aus Tyskland vielleicht nicht alle cops im Schrank?)
Der Blick des Regisseurs wird luziferisch:
Na ja, ist sicher Auslegungssache. Doch vermutlich eher mitleidig oder ängstlich.
„Was? Der Urwald ist das Urweib? Und das hat Hegel gesagt?...
Pfiffig. Der Mann kennt seinen Hegel (oder Kierkegaard).
Also, ich sehe das so: Wenn Gott Wälder schafft, in denen Tiere auf Leben und Tod miteinander kämpfen müssen, dann ist seine Schöpfung nicht gut.“
Wow, die Theodizee für Tierfreunde. Der negative Gottesbeweis für Fuchs und Hase.
Aber Herr von Trier! Sie sind Katholik!
Genau. Als guter Katholik soll man nicht so zimperlich sein.

„Ach“, überlegt der Regisseur, „ich glaube nicht, dass ich noch Katholik bin. Und wenn, bin ich ein schlechter.“
Kennen Sie die Szene aus Eins-zwei-drei, in der der Ex-Nazi sagt: "Ja, klar, ich war Hitlers Leibkoch, aber ich war ein ganz schlechter Koch."

Das fand ich nicht gut.

Selbst die verschlafenen Süddeutsche hatte heute morgen die lustige Meldung, dass Didi wieder mitmacht, um den Protestanten in der Regierung nicht kampflos das Feld zu überlassen. Und der Tsp.? Überschrift auf S. 1: "CDU will Lieberknecht für Thüringen". Schnee von gestern.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen