Montag, 2. August 2010

360°






Das hat mir gefallen

Solide Storchenberichterstattung aus Polen ist natürlich immer einer der Höhepunkte der täglichen Zeitungslektüre. Ist heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr. Das muss man Paul Flückiger hoch anrechnen. Nur mit dem Zählen scheint er es nicht so zu haben. Erst heißt es:

Bei der letzten Storchenzählung im Jahre 2004 wurden in Polen 52 500 Storchenpaare gezählt. Das entspricht einem Zuwachs von etwa 25 Prozent in nur zehn Jahren.
Am Schluss liest man aber das hier.

Seit dem EU-Beitritt verliert Polen jedes Jahr vier bis fünf Prozent seiner Störche.
Ja, was denn jetzt? Da Polen der EU 2004 beigetreten ist, müssten seither 24 bis 30 Prozent verloren gegangen sein. Aber wie kriegt man das raus, wenn man seit 2004 keine Störche mehr gezählt hat?

Das hat mir nicht gefallen

Robert Leicht beklagt sich über die linke Journaille, der es Rechtsaußenpolitiker wie Koch oder Althaus einfach nicht recht machen können. Fiese Typen sind diese Journalisten, die ihre Fähnchen immer in den Wind halten und vor den absurdesten Kehrmanövern nicht zurückschrecken.

Sei's drum, als sich dann in drei Wahlgängen zeigte, dass die Wahlleute eben doch nicht bloß stumpfes Stimmvieh waren, hat sich die Journaille nicht nur nicht an die eigene Brust geklopft und die Fehleinschätzung eines total gezinkten Spiels korrigiert. Sondern nun wurde – erinnerungs- und besinnungslos – die Herdenrichtung um 360 Grad gedreht: Nun galt die Kanzlerin als die politische Versagerin, die es nicht geschafft hatte, ihre Truppen beieinander zu halten, also das zustande zu bringen, was man ihr vorher als undemokratisch vorgeworfen hatte.
Boah. Dreihundertsechzig Grad!
P.S.: Inzwischen haben (vermutlich linksradikale) Hacker die Gradzahl im Online-Spitzel halbiert.




Sonntag, 1. August 2010

Everybody's Got Something To Hide Except Me And My Monkey




50 Jahre Beatles, und jeder, der beim Tagesspiegel schreiben darf, darf mal ran. Da trennt sich natürlich schnell und deutlich die Spreu vom Weizen.

Fangen wir mit dem Spreu an, also Martenstein. Er entscheidet sich für „Yesterday“. Klar, nur "Ob-La-Di" oder "Yellow Submarine" hätten besser zu ihm gepasst.

Das Lied ist ganz schlicht, wie es scheint, es will zu keiner Sekunde hoch hinaus. Gestern war es schön, heute ist es nicht mehr schön, fertig. Das Lied will, wie es scheint, nicht beeindrucken, es trägt sich selbst, deshalb wirkt es wahr und ergreift Millionen von Hörern.
Beschissen geschrieben, und unwahr wie die Bibel. Kaum ein Lied der Beatles ist in Hinblick auf die Harmonien komplexer als „Yesterday“: F-Dur, A-Dur, C-Dur, G-Dur, E-Moll, B-Dur, D-Moll, G-Moll, etc, alles drin. Ist irgendwo zwischen dem Intro von „Light My Fire“ und dem „Wohltemperierten Klavier“, jedenfalls nicht „schön, fertig, schlicht“.

Der Weizen: Patricia Wolf mit „Norwegian Wood“. Da muss ich ein bisschen ausholen. Es gibt Klasse Beatles-Lieder mit doofen Titeln („A Day In The Life“), und doofe Beatles-Lieder mit Klasse-Titeln („Norwegian Wood“), nur manchmal ist beides richtig Klasse ("Happiness Is A Warm Gun", "Strawberry Fields Forever", "Everybody's Got Something To Hide Except Me And My Monkey"). Und klugerweise hat sich Frau Wolf Kategorie 2 ausgesucht, um saustark und sauschlau am Thema vorbeizuschreiben. Es gibt wirklich nichts Klügeres zu „Norwegian Wood“ zu sagen, als dass es ein Buch gibt, das denselben Titel hat, und zufällig eines der schönsten Bücher der Welt ist. Ah… „Norwegian Wood“, Murakami. Herrlich!!

Dieselbe Technik hätte sie übrigens auch bei "The Fool On The Hill" (Matt Ruff) anwenden können. Machen wir dann zum 60., ok?