Donnerstag, 29. April 2010

Uns' Frida



Das fand ich gut.

Yo. Was ist eigentlich Philosophie? Coole Frage. Die meisten Klugscheißer beantworten sie mit Satzungetümen, die uns da einfach nicht weiterhelfen:

Philosophie: Das bewusste und unbefangene Streben nach wahrer Erkenntnisse über Ursprung, Sein und Ziel; verbunden mit der Hoffnung, ein in sich sinnvolles, zusammenhängendes Weltbild zu gewinnen.
Bardow kann das besser:
Die Philosophie, sie ist nun da. Dank van Gaal. In seinem Fußball vom Reißbrett blühen selbst Jugend- und Ersatzspieler auf. Und durch die Sicherheit, die ein System gibt, trauen sich nun selbst Rustikalkicker, mit Technik zu glänzen.
Na also. Sicherheit mit System vom Reißbrett. Da muss man erst mal drauf kommen.

Das fand ich nicht gut.



Wenn es um Mexiko geht, verstehen wir Bolaño-Fans ja keinen Spaß. Wenn es um Mexiko geht, fällt dem Feuilleton in Deutschland immer nur Frida Kahlo ein. Als wäre das nicht schon schlimm genug, wird sie dann auch noch von Becker, den alle Welt heute meist nur noch beim Nachnamen nennt, so vereinnahmt wie sonst nur Uns‘ Uwe und das Bobele.

Frida, wie alle Welt sie heute meist nur noch beim Vornamen nennt, Frida hätte man im Berliner Martin-Gropius-Bau gerne schon zu ihrem 100. Geburtstag 2007 eine Retrospektive gewidmet.





Sonntag, 25. April 2010

Eyjafjallajökull




Das fand ich beschissen.

Eyjafjallajökull war ja schon eine Nervensäge. Weniger wegen dem bisschen Asche (zu dem schriftstellerisch zertifizierten Gebrauch vom Dativ, siehe unten), als vielmehr wegen der Glossenlawine, die er ausgelöst hat. Von Entschleunigung, Zeit zur Besinnung und Rückkehr zum Wesentlichen war die Rede, Mixa fand sogar Gelegenheit zur „geistlichen Einkehr“, was vermutlich Nixanderes ist als ein Kneipenbesuch mit starken geistigen Getränken.
Die Spitze des Misthaufens bietet dann aber Moritz Rinke. Anstatt sich zu freuen, dass er ein paar Tage auf Lanzarote entschleunigen konnte, erzählt er uns lang und breit, zu wieviel Lesungen er muss, und wer alles ohne sein Buch nicht leben kann.

Die Lesung morgen in München werde ich nicht schaffen. Ich rufe meinen Verlag an und frage, ob wir auch schon die Lesung am Dienstag in Augsburg absagen müssen. Wie schön eigentlich, denke ich, meine letzten Lesungen, die ausfielen, waren für den September 2001 geplant, da saß ich in Los Angeles fest. Steinmeier von der SPD schreibt eine SMS: „Sitze im Hubschrauber nach Krakau und lese deinen Roman.“ Irre, denke ich, sitze hier in einem Vulkan auf Lanzarote und kann wegen einem Vulkan auf Island nicht in München lesen, aber mein Roman fliegt gerade zur Trauerfeier nach Polen! „Also, diese Asche … Augsburg, das wird nichts“, teile ich dem Verlag mit. „Höchstens Worms am Mittwoch!“ „Wir können Worms absagen! Hannover. Budapest.“
Das war auch nicht viel besser.

Kritiken lesen immer alle gern, besonders niederträchtige Verrisse, und ganz besonders dann, wenn sie von Dennis Scheck stammen. Eine misslungenen Theateraufführung, ein verhunztes Buch, eine überflüssige CD, Testnote 5 minus für den neuen BRAUN-Nasenhaarschneider, verkorkste Architektur in Modawien, ein Restaurant, in der die Balsamikumfüllung doch ein bisschen zuuu 1996 ausgefallen ist, oder eine Castingshow, die schlechter ist als DSDS (ok, jetzt übertreiben wir). Herrlich!
Aber es gibt – neben den Paralympics, Richard von Weizsäcker und dem FC St. Pauli – eine kritikfreie Zone, in der Lobhudelei Pflicht und Kür zugleich ist. Der Reiseteil im SONNTAGsteil. Oder haben wir jemals gelesen, dass es sich eigentlich nicht lohnt, zum Eyjafjallajökull zu fahren, weil es da noch langweiliger ist als am Kahlen Asten? Ok, das ist natürlich leicht zu erklären, weil kein Reporter, der halbwegs seine Tassen im Schrank hat, irgendwoanders hinfährt als ins Paradies. Hella Kaiser, deren Beitrag aus verständlichen Gründen aus dem Online-Angebot entfernt wurde, weiß, wie man über die Dritte Welt schreibt:
Downtown, im Zentrum, muss man sich nicht fürchten. Die meisten Touristen bleiben ohnehin in ihren Hotelanlagen.
Ja, genau. Dann kann man sich in Downtown wirklich halbwegs sicher fühlen. Aber es kommt noch schlimmer.

„Wenn Sie die Bahamas wirklich kennenlernen wollen, müssen Sie auf die Family Islands, rät Dedley. Dort sei es noch wie vor 30 Jahren.
Dedley weiß Bescheid: Authentisch ist nur die Vergangenheit. Die Gegenwart ist eine Illusion, Schall und Rauch, Dampf und Asche.

Samstag, 24. April 2010

English for beginners




Das fand ich gut.

Andreas Conrad macht sich Gedanken über die Nutten auf der Kurfürstenstraße.

Und die Frauen von der Kurfürstenstraße mögen zwar ein Hundeleben führen,…
Ha, ha, nicht verstanden? You‘re so mean, Andy!

Das fand ich nicht gut.

Sprachenstreit in Belgien. Da streiten sich Leute, die kein ordentliches Holländisch sprechen, mit Leuten, die mit der französischen Grammatik auf Kriegsfuß stehen. Und was sagt der Parteivorsitzende der flämischen Liberalen Open VLD dazu?

„Wir können miteinander reden“, sagte der Parteivorsitzende Alexander De Croo im belgischen Rundfunk.
Eben nicht.

Samstag, 17. April 2010

BILD dir eine Meinung




Das fand ich gut.

Ist schon eine ehrliche Haut, der Mixa. Unumwunden gibt er zu, dass er schon mal ein bisschen hingelangt hat. Ist ja auch nix dabei. Denn, wahrlich, wahrlich, ich sage Euch:
„Wen der Herr liebt, den züchtigt er, wie ein Vater seinen Sohn, den er gern hat. Und wenn ein Bischof einen widerspenstigen und störrischen Sohn sieht, der nicht auf die Stimme seines Vaters und seiner Mutter hört, und wenn sie ihn züchtigen und er trotzdem nicht auf sie hört, dann soll er ihn packen, vor den Ältesten der Stadt und vor die Torversammlung des Ortes bringen. Dann sollen alle Männer der Stadt ihn steinigen, und er soll sterben.“ (21,18-21, Abs. 2, 3. Etage links, Hervorhebungen und Verzerrungen durch den Verf.)
Das fand ich nicht gut.

Aber was hat der Gute Hirte jetzt genau gesagt?

„Die eine oder andere Watsch’n vor zwanzig oder dreißig Jahren“ könne er nicht ausschließen, sagte der hochrangige Kirchenvertreter laut einem am Freitag vorab veröffentlichten Bericht der „Bild am Sonntag“.
So steht’s im bibeltreuen Tagesspiegel.

"Wenn jetzt das Thema auf die Frage nach Ohrfeigen zugespitzt wird, will ich ganz ehrlich sagen, dass ich als langjähriger Lehrer und Stadtpfarrer im Umgang mit sehr vielen Jugendlichen die eine oder andere Watschn von vor 20 oder 30 Jahren natürlich nicht ausschließen kann", sagte Mixa der Bild am Sonntag, wie die Zeitung vorab mitteilte.
So stellt es die gottlose SZ dar.
Macht natürlich einen Unterschied, dieses „natürlich“ (natürlich auch die Schreibweise der Watschn/Watsch‘n). Ist nicht dasselbe, ob man nicht ausschließen kann, am Abend zuvor 1,54 Promille am Steuer gehabt zu haben, oder ob man das „natürlich nicht ausschließen kann“, aber was genau hat er jetzt gesagt? Da sich beide Postillen auf den Marktführer berufen, schau’mer halt nach.Und da steht’s :

Mixa sagte BILD am SONNTAG: „Wenn jetzt das Thema auf die Frage nach Ohrfeigen zugespitzt wird, will ich ganz ehrlich sagen, dass ich als langjähriger Lehrer und Stadtpfarrer im Umgang mit sehr vielen Jugendlichen die eine oder andere Watschen von vor zwanzig oder dreißig Jahren natürlich nicht ausschließen kann. Das war damals vollkommen normal und alle Lehrer und Schüler dieser Generation wissen das auch.“
Aha. Watschen. Wusst ich’s doch.




Samstag, 10. April 2010

Kurz und bündig


Das fand ich gut.

Die Nachrufe am Freitag sind ja immer ein bisschen problematisch. Es soll keine Lobhudelei sein, aber auch nicht darauf rauslaufen, dass dem Toten Dreck hinterher geworfen wird. Das ganze aber auch nicht allzu wohltemperiert, sondern irgendwie originell, plausibel und anspruchsvoll. Wie beschreiben wir jetzt jemanden, der offensichtlich Schweres durchgemacht hat, aber immer standhaft war und das Herz auf dem rechten Fleck hatte? Besser als Thomas Loy kann man’s nicht machen, und das mit wenigen Worten.

Seinen Soldaten im Krieg sagte er: Hände weg von den Frauen! Als er einen Gefreiten erwischte, der ein junges Mädchen vergewaltigte, schoss er ihm in den Kopf.
Das fand ich nicht gut.

Seit Wochen rätseln alle rum, warum es in der erst jungen Ehe von Nicolas und Carla jetzt schon kriselt. Dabei erklären die Bilder doch alles. Beide haben sich bei der Eheschließung einfach geirrt. Er wollte eigentlich eine Frau, und sie einen Mann.

Samstag, 3. April 2010

Fristenlösung




Das fänd ich gut.

Seit Pater Martens damit angefangen hat, gibt es jetzt seit Monaten jeden Tag die Rubrik „Missbrauchsfälle auch…“, so wie heute aus Pinneberg. Ständig dasselbe, neue Missbrauchsfälle. Canisius-Kolleg, St. Blasien (!), Ettal, Odenwaldschule, Salem, Domspatzen, Torgau, FC Bayern und sogar bei der Wetterkarte. So langsam nervt’s. Kann man nicht endlich wieder zur Tagesordnung zurückkehren und das Selbstverständliche weglassen? Immerhin ist es ja auch keine Schlagzeile wert, wenn an der Kreuzung Bismarck-/Goethestraße die Ampel von Grün auf Gelb umschaltet. Bitte also nur noch die Schulen melden, bei denen die Missbrauchsvorwürfe noch nicht entdeckt, öffentlich bekannt gemacht oder lückenlos bewiesen wurden.

Das fand ich nicht gut.

Boyes‘ Freund, immerhin Katholik, hat seine eigene Theorie über die Abläufe in Rom.
Die Kirche, meint er, bewege sich auf einer anderen Zeitskala. Ihre kleinste Zeiteinheit sei das halbe Jahrhundert.
Da wundert es einen doch, wie sich die Pfaffen auf strafrechtliche Verjährung berufen können, wenn die Frist dafür in ihren Fristenkalendern gar nicht notiert werden kann.