Donnerstag, 18. März 2010

Zebrastreifen









Das fand ich gut.

Ist doch gut, dass wir eine pluralistische Presse haben. Peter Blechschmidt von der Süddeutschen und Robert Birnbaum vom Tsp. haben Angela Merkel und Guido Westerwelle gestern ganz genau beobachtet.

Zitat Blechmischidt:

„Dann wandtre sie sich ihrem nachbarn zu, dem Vizekanzler und Außenminister, Guido Westerwelle. Die beiden lächelten sich an. Viereinhalb Stunden Anwesenheit im Parlament nutzte Merkel, um Harmonie mit ihrem Partner zu demonstrieren.“

Zitat Birnbaum:

“Der sichtbarste Riss verläuft auf der Regierungsbank genau zwischen der Kanzlerin und dem Vizekanzler. Merkel sitzt ganz links außen, Westerwelle sitzt neben ihr. Man hat sich knapp begrüßt, Westerwelle hat sogar kurz die Hand auf Merkels Oberarm gelegt, eine Art von Vertraulichkeit, die sie noch nie leiden konnte. Danach sitzen beide weitgehend stumm nebeneinander und erinnern stark an ein Ehepaar, das noch gut daran tut, dass es sich nichts zu sagen hat.”

Das fand ich nicht gut.

Aus einem Urteil des BGH vom 30.10.2009 (AZ V ZR 253/08, zitiert bei NJW 2010, 534):

„Am 25.3.2006 fand in der Sportstätte der Bekl. (M-Arena) ein Spiel der ersten Bundesliga zwischen der von der Bekl. unter der Bezeichnung MSV Duisburg unterhaltenen Lizenzspielermannschaft und der Mannschaft des FC Bayern München statt.“

Häh??  Die „von der Bekl. unter der Bezeichnung MSV Duisburg unterhaltenen Lizenzspielermannschaft“?? Sind das eigentlich Zombies oder Drogendealer, Aliens oder etwa Düsseldorfer? So können nur Karlsruher faseln. Packende Spielberichte sehen anders aus.




Samstag, 13. März 2010

Staatsverschuldung




Das fand ich gut.


Alle beklagen sich über die zunehmende Staatsverschuldung, und selbst die FDP überlegt es sich, ob jetzt wirklich noch genug Geld da, um, wie geplant, die Mehrwertsteuer auf Golfschläger zu senken. Dabei ist das Problem leicht zu lösen. Zu Schulden gehören immer auch Gläubiger. Wikipedia weiß:
Die Verschuldung des Staates verteilt sich auf inländische und ausländische Gläubiger. Der deutsche Staat ist zu ca. 60 % bei inländischen Gläubigern verschuldet, der Rest (also ungefähr 40 %) der deutschen Verschuldung sind Auslandsschulden. Die 60 % der inländischen Schulden werden zu ca. zwei Dritteln von inländischen Kreditinstituten und zu einem Drittel von Nichtbanken (Versicherungen, Unternehmen, aber auch Privatpersonen) bereitgestellt.[3]
Mit einem gesetzlich verordneten Schuldenerlass lässt sich also mit einem Schlag eine Menge erreichen, und dazu kommt, dass selbst die Auslandsschulden im Wesentlichen an Kapitalgesellschaften zurückgezahlt werden müssen, deren Gesellschafter Inländer sind. Politisch sind keine Probleme zu erwarten, denn ich kenne keinen, der einen kennt, der sich selbst als Gläubiger der BRD ansieht.

Das fand ich besonders gut.

Es ist gut, und es ist richtig, wenn sich der Tsp. dafür einsetzt, dass die Elefanten weniger aussterben Obwohl… warum eigentlich? Letztens erst wurde Darwin groß gefeiert, und der hatte nicht nur das „Entstehen der Arten“ erklärt, sondern auch, dass zum erfolgreichen Evolutionieren eben auch das gepflegte Aussterben gehört. Und wenn man sich die Biester einmal genau ansieht, sind sie einfach nicht mehr zeitgemäß: 320 PS, Vierfußantrieb, kein ABS und kein Lenkkraftverstärker, von Airbag und Schallschutz ganz zu schweigen. Die kämen durch keinen TÜV.

Und trotzdem mag man sie ja nicht ganz missen, die Benjamin Blümchen. Wonach also sollten wir entscheiden, wen wir aussterben lassen, und wen nicht? Und da ist es gut, dass wir wiederum den Tsp haben, der dafür ein griffiges und gerechtes Prinzip entwickelt hat: Das Schuldprinzip.

Ein Blick in die Statistik erklärt den Imagewandel: Demnach werden jährlich fünf bis zehn Menschen bei Haiattacken getötet. 70 bis 100 Millionen Haie dagegen sterben jährlich durch Menschenhand, schätzt die Welternährungsorganisation FAO.
Es ist nur fair, in Zukunft die Tiere zu schützen, die sich nichts zuschulden kommen lassen, sie haben’s ja in der Hand. Das ist jetzt blöd für Tiger, Tsetsefliege und Klapperschlange, aber wo gehobelt wird.

Donnerstag, 11. März 2010

Roadkill




Das fand ich nicht gut.

Mhh.Den Niedergang der klassischen Musik hatten wir letztens erst. Jetzt legt Christine Lemke-Matwey nach. Die schmissige Überschrift („Musikunterricht muss sein!“) war ja schon nicht schlecht, aber dann wird’s doch mühsam. Ja, warum eigentlich?

Ohne Publikum kein Musikleben. Insofern ist der Protest so egoistisch wie verzweifelt. Wir Dirigenten, Kulturmanager, Intendanten und Regisseure wollen überleben. Und dazu brauchen wir Zuschauer, Zuhörer, die das, was uns treibt, vielleicht nicht immer ganz verstehen oder goutieren, aber in seiner Faszinationskraft, seiner Magie, seinem Eros doch einschätzen und nachvollziehen können, ja vielleicht sogar lieben und bewundern.
Ist ja schon mal ein Anfang. Und vor allem ehrlich. Wir brauchen die Blödmänner, die den ganzen Zirkus finanziern und am Laufen halten, auch wenn sie von Tuten und Blasen keine Ahnung haben.

Der Hunger, heißt es, kommt beim Essen. Geschmacksnerven allerdings wollen trainiert sein. Und wer sich bei Wagner oder Beethoven tödlich langweilt, der wird dafür so schnell nicht wieder Geld ausgeben. Viel schlimmer: Die Quote derjenigen, die von Johann Sebastian Bach oder Arnold Schönberg noch nie gehört haben und in deren Aktionsradius Opernhäuser und Konzertsäle entsprechend gar nicht vorkommen, schnellt umgekehrt proportional zum nicht mehr stattfindenden Musikunterricht an den Schulen dramatisch in die Höhe (von der Qualität desselben ganz zu schweigen). Am schlimmsten vielleicht: Diese Kinder wissen gar nicht, was ihnen fehlt und entgeht.
Schon schwieriger. Ich meine jetzt nicht diesen verhunzten Satz mit der doppelten, 'tschuldigung: dreifachen, Verneinung, sondern dieses von der Werbebranche geklaute Argument, dass auch künstlich geweckter Bedarf befriedigt werden muss.

Zahllose Untersuchungen sagen es: Wer ohne Musik aufwächst, ist sozial deutlich weniger kompetent, kann sich schlechter konzentrieren, kann schlechter verknüpft denken und schlechter zuhören sowieso. Wer ohne Musik aufwächst, ist benachteiligt.
Vielleicht sollte die Dame einmal mit der Berliner U-Bahn fahren. Dann wird sie eine Ahnung davon bekommen, wer hier ohne Musik aufwächst: Keiner. Nicht mal der, der’s gerne tun würde.

Gerade die Klassik mit ihren komplexen Strukturen meint immer Geist und Gefühl, Kopf und Bauch, kurz: den ganzen Menschen.
Gut gebrüllt, Löwin, aber stimmt das auch wirklich? Woran erkennt man denn eigentlich „komplexe Strukturen?“ Wer einmal die „Vier Jahreszeiten“ , „Die Symphonie mit dem Paukenschlag“ oder auch die „Eroica“ mit dem „Weißen Album“, Pat Metheney oder den „Black Eyed Peas“ verglichen hat, wird da schon ins Grübeln kommen.

Das fand ich überhaupt nicht gut.

Sebastian Leber hat ein Buch über Pick-up Artists geschrieben. Nichts dagegen. Aber ich lass mich nicht gerne verarschen. Das Ding ist axolotlmäßig so was von geklaut, dass es sogar im Stern veröffentlicht werden könnte. Das Original heißt „The Game“, ist von Neil Strauss, und so was von schlecht, dass man sich schon wundert, dass Leber nicht was Besseres klaut.

Samstag, 6. März 2010

Einer von uns




Das fand ich gut.

Bisher dachte ich, dass Michael Kempter eine langweilige Schwuchtel ist, die Amarell nur in die Pfanne haut, um sich interessant machen zu machen. Aber jetzt hat er sich geoutet. Er ist einer von uns!

Vor der 0:2-Niederlage von Bayern München in der Champions League am 11. April 2007 gegen den AC Mailand soll Kempter eine Mail an Amerell geschrieben haben, in der es laut Amerell heißt: „Ich freue mich aufs Bayern-Spiel. Hoffentlich fliegen sie gleich raus. Und dann stoßen wir darauf an.“
Das fand ich nicht gut.


Wir können ja gut verstehen, wenn sich jemand Sorgen um seinen Job macht. Ist man zum Beispiel beim Tsp. für das Ressort „Klassische Musik“ verantwortlich, fühlt man sich natürlich herausgefordert, wenn man erfährt, dass die eigenen Klientel ausstirbt. Aber muss man dann so völlig kopflos reagieren wie Frederik Hanssen?

Das Durchschnittsalter der Konzertbesucher liegt derzeit bei 61 Jahren. Laut Tröndle hat es sich in den vergangenen 20 Jahren um 11 Jahre erhöht, das der Bevölkerung insgesamt aber nur um rund 3,4 Jahre. Wer sich daraus ein Horrorszenario zimmert, der verkennt allerdings, dass sich die markanten biografischen Einschnitte wie Berufseintritt, Heirat oder Elternschaft in derselben Zeit ebenfalls massiv nach hinten verschoben haben. Lebensplanungen verlaufen heute anders als noch 1990.
Daran ist gleich alles falsch. Zunächst gibt es auch ein paar markante Einschnitte, die sich vorverlagert haben: Erster Sex, Kindergarten, Abi, erste Freiheitsstrafe und erstes Insolvenzverfahren zum Beispiel. Dann: Vom ersten Konzertbesuch als markantes Ereignis gibt es vermutlich keine belastbaren statistischen Daten, aber wir vermuten mal, dass die Horden 8jähriger Mädchen bei den Tokio-Hotel-Konzerten den Schnitt eher gesenkt haben dürften. Hanssen meint aber vermutlich etwas anderes: Dass die Leute nämlich alles in einer bestimmten Reihenfolge erledigen, und sich wegen der von ihm angenommenen Verschiebung eben auch der erste Besuch in der Philharmonie erst kurz vor der Rente dran ist.
- Schatz, wollen wir heute in die Philharmonie? Die Neterbko spielt da Schillers Melodika-Konzert.
- Tut mir leid, Liebes, ich muss erst noch einen Sohn zeugen, den Baum pflanzen und in einen Beruf eintreten.
Lieber Herr Hannsen, nur keine Panik. Wenn Ihre Kundschaft jetzt 61 Jahre im Schnitt ist, bleibt sie Ihnen noch 25 Jahre erhalten. Und es kommen ja noch die paar hinzu, denen „Mosaik – Das Magazin für die ältere Generation“ einfach zu hektisch geworden ist.

Freitag, 5. März 2010

Outing




Das fand ich gut.

Natürlich wissen wir alle, dass die „Bunte“ und der „Stern“ gemeinsame Sache machen, um ins Gerede zu kommen, damit mehr bunte Sterne verkauft werden können. Und natürlich fällt auch der Tsp. darauf rein. Trotzdem stellt sich natürlich die Frage, wie man verhindern kann, dass jemand durch ein ungewolltes Outing öffenlich vorgeführt wird. Dazu der Fachmann, RA Schertz:

„Es kann nicht sein, dass jemand durch Outing vorgeführt wird“, sagte der Anwalt.
Ach so, kann gar nicht passieren. Problem gelöst. Danke.
Das fand ich nicht gut.

Alle möglichen Leute haben jetzt einen Sprecher. Herr 20er, Mandys Eltern, und sogar der Vorstandsvorsitzende der „Motz“. Aber manche SprecherInnen sind ihr Geld einfach nicht wert. Zum Beispiel die große Unbekannte vom Auswärtigen Amt :
Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes, die nicht mit Namen genannt werden wollte, möchte sich vor dem heutigen Freitag zu den Sparplänen nicht äußern


Mittwoch, 3. März 2010

Wittenberge




Das fand ich gut.

Es ist ja schon erstaunlich, dass das Erdbeben in Chile trotz besserer Magnitude-Werte so viel weniger Unheil angerichtet hat als das in Haiti. Bisher konnte ich mir das nur so erklären: Entweder haben die Werte keinen direkten Zusammenhang zu der tatsächlichen Zerstörungskraft des Erdbebens, oder Chile war einfacher besser vorbereitet als Haiti. Und siehe da: Ich hatte mit beidem recht:

Auf Seite 28 erläutern Sandra Weiss und Ralf Nestler, dass die gemessenen Werte (7,2 in Haiti und 8,8 in Chile) nichts mit den Auswirkungen auf der Erdoberfläche selbst zu tun haben.

„Die Magnitude eines Erdbebens gibt lediglich an, wie viel Energie direkt an der Bruchstelle in der Tiefe freigesetzt wird“, sagt Birger-Gottfried Lühr vom Deutschen Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ). „Über das Maß der Zerstörung an der Oberfläche sagt die Zahl wenig aus.“
Das sieht Alexander S. Kekulé ein klitzekleines Bisschen anders:

Warum hatte das Beben auf der Karibikinsel so verheerende Auswirkungen? An der Stärke der Erschütterungen kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Dank der heute üblichen „Momenten-Magnituden-Skala“ (Mw) können die Energien der beiden Beben direkt verglichen werden…Offenbar haben sich die Schutzmaßnahmen bezahlt gemacht, die sich Chile nach der verheerenden Erdbebenserie von 1960 verordnet hatte.
Das fand ich nicht gut.

Es ist schade, wenn selbst beim Tsp. so gemobbt wird, dass den Opfern letzten Endes nichts anderes übrig bleibt als „Dienst nach Vorschrift“. Darunter kann auch die Qualität der Berichterstattung leiden.
Für 1,7 Mio Euro hat das Bundesministerium für Forschung und Bildung eine Studie erstellen lassen, aus der hervorgeht, dass es in Wittenberge genauso aussieht, wie es da eben aussieht: düster, traurig, leer, deprimierend. Natürlich muss auch das noch so Offensichtliche sorgfältig nachrecherchiert werde, man hat ja einen Ruf als Teil einer unabhängigen, kritischen und investigativen Presse zu verteidigen.
Akt 1
Pressekonferenz am Askanischen Platz.
Chefredakteur: Hier ist schon wieder so’ne langweilige Studie über die Zone. Trotzdem: Einer von euch muss dahin. Exklusivbericht über Wittenberge. Wer macht’s?
Redakteur 1, Redakteur 2 und Redakteur 3 (im Chor, hämisch kichernd): Der INGO!
Ingo Schmidt-Tychsen: Ne, nicht schon wieder. Ich war schon in 1990 in Bitterfeld, 1994 in Ruanda, 2003 in Bagdad, und letztens sogar beim FDP-Parteitag. Ich mach‘ nicht immer für euch die Drecksarbeit…

Akt 2
Abends bei Schmidt-Tychsens.
Ingo: Ich konnte mich nicht wehren. Die haben mich in der Hand…
Angelika: Immer noch die alte Geschichte mit der Kaffeekasse?
Ingo: Wenn’s nur das wäre…
Angelika: Pass auf: Mach‘s doch wie die anderen auch: Du fährst mit dem Zug hin, drehst dich einmal um, schreibst ein paar Zeilen über das, was du siehst und nimmst den nächsten Zug zurück.

Akt 3
Am nächsten Tag auf Seite 28 :
Wer sich einmal in Wittenberge aufgehalten hat, dessen Beobachtungen decken sich weitestgehend mit denen des Forscherteams. Allein der Bahnhof sieht verlassen aus. Der Fahrkartenschalter ist nur selten besetzt. Ein Automat? Gibt es auf dem Bahnhof nicht. Man muss ihn erst suchen, er steht etwas außerhalb und ist meistens defekt. Die Rollläden vieler Häuser hier sind heruntergelassen. Es ist schwierig zu sagen, wo jemand wohnt. Im Umfeld des Bahnhofs warten einige, die keine Arbeit haben. Auf was eigentlich? In einen der Züge, die von Hamburg nach Berlin rasen, steigen diese Menschen nicht ein.

Dienstag, 2. März 2010

Randale




Das fand ich gut.

Ramsauer kann ja fast so gut rechnen wie Thilo Sarrazin:
– außerdem ließen sich für die Kuppelkosten „acht Kilometer vierspurige Autobahn“ bauen.
Oder eben umgekehrt. Das deutsche Autobahnnetz hatte 2004 eine Länge von etwa 12.300 km (vierspurig). Wenn wir auf die verzichten, reicht es also für 1.537,5 Schlosskuppeln. In Deutschland gibt es ungefähr 900 Schlösser. Kriegt jedes eine Kuppel ab und es reicht sogar noch für die A3.

Das fand ich nicht gut.

Bei einem Polizeieinsatz in Schöneberg ist ein randalierender Junkie gestorben. Übertriebene Härte auf Seiten der Bullen? Schusswechsel? Unmittelbarer Zwang? Nein, viel schlimmer. Unfassbar brutaler (passiver) Widerstand gegen die Staatsgewalt.
Bevor der Notarzt eintraf, hörte der Randalierer plötzlich auf zu atmen.