Donnerstag, 31. Dezember 2009

Outernet




Das fand ich gut.
Es ist nichts Neues, dass ein Glas Wasser gleichzeitig halbleer und halbvoll sein kann. Funktioniert auch im Wirtschaftsteil des Tsp. Wird noch schlechtgelaunt auf Seite 20 getitelt:
"Sekt statt Schampus",
heißt es auf Seite 18:

"Deutsche trinken trotz Krise Sekt"
Geht doch.

Das fand ich nicht gut.

Die meisten Feuilletonbeiträge und Leitartikel fangen mit einer Behauptung an, die selten bewiesen wird und in der Regel nur auf Grund ständiger Wiederholung plausibel erscheint. Radfahrer werden immer rücksichtsloser, Grundschüler können nicht lesen und schreiben, die Bahn ist immer öfter unpünktlich, so Zeug eben. Meine Lieblingstirade wird jetzt wieder einmal von Peter von Becker aufgewärmt:

Selten ist mehr geschehen als im gerade zu Ende gehenden Jahrzehnt. Und weil durch die virtuelle Allzeitpräsenz des Internets, das nun zum noch totaleren Outernet mutiert, für alle alles immer schneller und gleichzeitiger passiert, erscheint auch die Gegenwart immer haltloser.
Liest man überall, muss also irgendwie richtig sein.
Aber: Stimmt das eigentlich wirklich, oder gilt das nur für Journalisten, die den ganzen Tag bei SPIEGEL.online darauf warten, dass irgendwo der berühmte Sack Reis…? Eine für meinen Bekanntenkreis repräsentative Umfrage in meinem Bekanntenkreis beweist: Stimmt gar nicht. Nehmen wir die knalligsten Großereignisse aus den letzten 50 Jahren: Vom Tod Kennedys (1963) haben wir alle noch am selben Tag erfahren. Die Mutter aller Großereignisse, also das Wembley-Tor 1966, haben wir ebenso live verfolgt wie die Mondlandung (1969) und Mogadischu (1977). Den Tod von Lady Di (1997) habe ich erst zwei Tage später zur Kenntnis genommen, vom Anschlag am 11. September abends aus den Tagesthemen erfahren und die Entführung von Natascha Kampusch lag schon acht Jahre zurück, als ich ihren Namen zum ersten Mal gehört habe.


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