Donnerstag, 11. März 2010

Roadkill




Das fand ich nicht gut.

Mhh.Den Niedergang der klassischen Musik hatten wir letztens erst. Jetzt legt Christine Lemke-Matwey nach. Die schmissige Überschrift („Musikunterricht muss sein!“) war ja schon nicht schlecht, aber dann wird’s doch mühsam. Ja, warum eigentlich?

Ohne Publikum kein Musikleben. Insofern ist der Protest so egoistisch wie verzweifelt. Wir Dirigenten, Kulturmanager, Intendanten und Regisseure wollen überleben. Und dazu brauchen wir Zuschauer, Zuhörer, die das, was uns treibt, vielleicht nicht immer ganz verstehen oder goutieren, aber in seiner Faszinationskraft, seiner Magie, seinem Eros doch einschätzen und nachvollziehen können, ja vielleicht sogar lieben und bewundern.
Ist ja schon mal ein Anfang. Und vor allem ehrlich. Wir brauchen die Blödmänner, die den ganzen Zirkus finanziern und am Laufen halten, auch wenn sie von Tuten und Blasen keine Ahnung haben.

Der Hunger, heißt es, kommt beim Essen. Geschmacksnerven allerdings wollen trainiert sein. Und wer sich bei Wagner oder Beethoven tödlich langweilt, der wird dafür so schnell nicht wieder Geld ausgeben. Viel schlimmer: Die Quote derjenigen, die von Johann Sebastian Bach oder Arnold Schönberg noch nie gehört haben und in deren Aktionsradius Opernhäuser und Konzertsäle entsprechend gar nicht vorkommen, schnellt umgekehrt proportional zum nicht mehr stattfindenden Musikunterricht an den Schulen dramatisch in die Höhe (von der Qualität desselben ganz zu schweigen). Am schlimmsten vielleicht: Diese Kinder wissen gar nicht, was ihnen fehlt und entgeht.
Schon schwieriger. Ich meine jetzt nicht diesen verhunzten Satz mit der doppelten, 'tschuldigung: dreifachen, Verneinung, sondern dieses von der Werbebranche geklaute Argument, dass auch künstlich geweckter Bedarf befriedigt werden muss.

Zahllose Untersuchungen sagen es: Wer ohne Musik aufwächst, ist sozial deutlich weniger kompetent, kann sich schlechter konzentrieren, kann schlechter verknüpft denken und schlechter zuhören sowieso. Wer ohne Musik aufwächst, ist benachteiligt.
Vielleicht sollte die Dame einmal mit der Berliner U-Bahn fahren. Dann wird sie eine Ahnung davon bekommen, wer hier ohne Musik aufwächst: Keiner. Nicht mal der, der’s gerne tun würde.

Gerade die Klassik mit ihren komplexen Strukturen meint immer Geist und Gefühl, Kopf und Bauch, kurz: den ganzen Menschen.
Gut gebrüllt, Löwin, aber stimmt das auch wirklich? Woran erkennt man denn eigentlich „komplexe Strukturen?“ Wer einmal die „Vier Jahreszeiten“ , „Die Symphonie mit dem Paukenschlag“ oder auch die „Eroica“ mit dem „Weißen Album“, Pat Metheney oder den „Black Eyed Peas“ verglichen hat, wird da schon ins Grübeln kommen.

Das fand ich überhaupt nicht gut.

Sebastian Leber hat ein Buch über Pick-up Artists geschrieben. Nichts dagegen. Aber ich lass mich nicht gerne verarschen. Das Ding ist axolotlmäßig so was von geklaut, dass es sogar im Stern veröffentlicht werden könnte. Das Original heißt „The Game“, ist von Neil Strauss, und so was von schlecht, dass man sich schon wundert, dass Leber nicht was Besseres klaut.

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